75 Stellplätze – ist das Glas halb voll oder halb leer?

Nachdem nun die abschließenden Unterlagen veröffentlicht wurden, möchten wir eine Einschätzung abgeben, wie zufrieden man mit den angekündigten 75 Stellplätzen unserer Meinung nach sein kann. Zunächst einmal stellt das Verkehrsgutachten auf Seite 26 einen Bedarf von 64 Stellplätzen für das ganze Gebiet fest. 75 Parkplätze sollen aber mindestens realisiert werden.
Rein vordergründig also ein großer Erfolg für die Anwohner. Dies ist jedenfalls die Erzählweise von Politk und Verwaltung, die sogar einen großen Puffer sehen. Demnach würde das Glas also geradezu überlaufen.

Betrachtet man die Details (aber wer macht das schon?), so sieht die Sachlage weitaus ernüchternder aus. Von den 75 Stellplätzen gehören 10 zu den Bungalows, da es deren Garagen sind. Bleiben also noch 65 Stellplätze für die übrigen Nutzer der Anlage (Mitarbeiter, Besucher, 30 betreute Wohnungen, die 13 „normalen“ Wohnungen im Staffelgeschoss, Kunden, Notarzt, Ärzte, Therapeuten, …) übrig.
Davon gehen aber noch an die  13 Stellplätzen ab, die VOR dem Pflegeheim zum Wingert hin realisiert werden, weil entweder alle oder ein guter Teil als Kurzzeitparkplätze und Behindertenparkplätze vorgesehen sind. Die sind also für Mitarbeiter, Bewohner, Besucher und Kunden nicht zu gebrauchen. Am Ende bleiben also noch ca. 52 Parkplätze übrig. Laut Verkehrsgutachten (Seite 25) würde das reichen, da Mitarbeiter, Bewohner, Besucher und Kunden laut Berechnung „nur“ 50 Parkplätze benötigen. Käme also knapp hin, ein „großer Puffer“ ist allerdings schon nicht mehr darstellbar.

Nun gibt es allerdings weitere „Problemchen“:

  • Für die angekündigte private E-Tankstelle hat das Verkehrsgutachten den (mindestens) einen Stellplatz glatt vergessen! Der kommt überhaupt nicht vor.
  • Für das betreute Wohnen rechnet das Verkehrsgutachten auf Seite 16 damit, dass 12 Personen im Besitz eines PKW sind. Auf Seite 24, wo es um die Stellplätze geht, sind es dann plötzlich nur noch 9 PKW. Das ist zumindest sehr Mißverständlich. Kann es sein, dass wieder 3 Stellplätze vergessen wurden?
  • Beim fließenden Verkehr wird „Essen auf Rädern“ berücksichtigt. Nicht aber bei den Stellplätzen. Werden die „Essen auf Rädern“ Fahrzeuge (die es übrigens laut Durchführungsvertrag als Gewerbe gar nicht geben darf) nicht auf dem Gelände geparkt?

Aber das sind nur die allergröbsten offenen Fragen. Wir sind darüber hinaus der Meinung, dass das Verkehrsgutachten sehr, um nicht zu sagen „zu“ Investor-freundlich gestaltet wurde. Etliche Zahlen, auf die das Gutachten basiert, stammen vom Investor selber. Hier ein paar kritische Punkte (es gibt noch mehr):

  • ist es glaubhaft, dass täglich nur 55 Mitarbeiter auf dem Gelände arbeiten werden, und zwar für alle Dienstleistungen des Seniorenheims, des betreuten Wohnens und des „Essen auf Rädern“-Betriebs zusammengenommen?
  • ist es glaubhaft, dass wirklich nur 50 % der Beschäftigten einen PKW benutzen, und das bei Schicht-, Wochenend- und Feiertagsbetrieb, zumal die Lage am Wingert alles andere als zentral ist?
  • ist es glaubhaft, dass die 39 Bewohner der 30 betreuten Wohnungen nur 9 PKW besitzen werden, zumal es noch nicht einmal eine Zweckbindung der Wohnungen als Seniorenwohnungen gibt, welche eigentlich durch die Verwaltungsvorschrift VV BauO NRW („Wohnungen für Senioren ab 75“, siehe Seite 67, § 51.11 in Verbindung mit § 51.13) vorgesehen ist? Unserer Meinung nach sollte es für 30 nicht zweckgebundene Wohnungen auch 30 Stellplätze geben.
  • ist es glaubhaft, dass es am Ort wirklich keinen öffentlichen Restaurant-Betrieb sondern nur eine Caféteria geben wird, wo doch der Betreiber an seinen anderen Standorten einen Restaurant- und Catering-Betrieb massiv mit Hochglanzbroschüren bewirbt?

Alle diese Punkte haben wir auch der Politik mitgeteilt (siehe hier), aber die hielt es noch nicht einmal für nötig, uns darauf zu antworten.

Wie denken Sie darüber, wo Sie nun die Details kennen? Falls Sie irgendeinen unserer Punkte nicht glauben: lesen Sie ihn in den öffentlich vorliegenden Dokumenten der Verwaltung einfach nach, und bilden Sie sich dann – aber erst dann – Ihre eigene Meinung. Rechnen Sie auch unsere Zahlen nach!