Land unter bei Köttenich?

Gut Köttenich GmbH verkauft – dies konnte man am 15.11.2018 in Jülich (HIER) und Düren (HIER) in der Lokalpresse lesen. „14 Alten und Pflegeheime bekommen einen neuen Betreiber“ und „Gut Köttenich GmbH trennt sich von Alten- und Pflegeheimen“, so die Überschriften. Was war geschehen?
Der Artikel, in dem der (quasi ehemalige) geschäftsführende Gesellschafter Pöhler zu Wort kommt, verrät uns, dass die Gut Köttenich GmbH an den „Mittelständler“ „Schönes Leben Gruppe (Ulm)“ – vorbehaltlich der Freigabe durch das Kartellamt – veräußert wurde. Geleitet habe Pöhler dabei „nach eigenen Angaben insbesondere seine soziale Verantwortung für die gut 1200 Beschäftigten“. Vordergründig also eine ganz harmlose Transaktion, die sogar positiv für die Angestellten sein soll, so der Tenor. Blickt man jedoch einmal hinter die Kulissen, so nimmt die Brisanz dieses Geschehens recht schnell an Fahrt auf.

Die „Schönes Leben Gruppe“ ist nämlich mitnichten einfach nur ein normaler Mittelständler, sondern gehört zur Milliarden Euro schweren Private Equity Investment Gesellschaft „Waterland“, die ihren Hauptsitz im Steuerparadies Niederlande hat. Und so bejubelt auch Waterland die Übernahme von Gut Köttenich in einer offiziellen Mitteilung (HIER).
Das natürliche Geschäftsmodell einer Private Equity Gesellschaft ist recht schnell erklärt: Privates Vermögen wird eingesammelt, um damit, in Verbindung mit zusätzlichen Bankkrediten, ganze Unternehmen (oder zumindest Unternehmensmehrheiten) aufzukaufen. Die weitere Entwicklung der einverleibten Unternehmens­teile wird sodann vom neuen Besitzer kontrolliert und gesteuert (sogenannte „aktive Beteiligung“). Ziel ist es, den Marktwert der erworbenen Unternehmen „über strukturelle, strategische und operative Verbesserungen“ zu steigern,  um sie dann nach einer durch­schnittlichen Haltezeit, die „zwischen drei und sieben Jahren“ liegt, gewinnbringend weiter zu verkaufen. Nachzulesen HIER.
In diesem speziellen Fall ist es also einfach so, dass Waterland, um in den rentablen deutschen Pflegemarkt einzudringen, die Tochterfirma „Schönes Leben“ gegründet hat. Schönes Leben, als Portfolio-Tochter von Waterland,  wiederum kauft dann (Betreiber von) Pflege­einrichtungen auf. So geschehen 2017 mit compassio  in Süddeutschland (nachzulesen HIER), 2018 mit Gut Köttenich im Westen und ganz aktuell – Update 27.11.2018 – mit der A+R Betriebs­gesellschaft mbH in Norddeutschland (nachzulesen HIER).

Was mag das alles nun unmittelbar für die Angestellten von Köttenich und damit mittelbar für die betreuten alten Menschen bedeuten? Selbst­verständlich kann niemand in die Zukunft schauen, aber Meldungen von einer ähnlichen Übernahme lassen zumindest nichts Gutes erahnen. So erkaufte sich Waterland 2014 die Mehrheit an den Reha Kliniken Median, zu denen zu diesem Zeitpunkt deutschlandweit 45 Einrichtungen mit über 9.000 Betten gehörten (nachzulesen HIER). Berichten zufolge wurde dort der Mantel­tarifvertrag aufgekündigt und Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt. Das sorgte für so viel negativen Wirbel, dass es sogar einen höchst kritischen Beitrag im ARD Magazin Plusminus gab (nachzulesen HIER). Auch rief es die Gewerkschaft Verdi auf den Plan (nachzulesen HIER), welche die Geschäfts­gebaren Waterlands einen „Frontalangriff auf Arbeitnehmerrechte“ nannte . Zitat aus dem Artikel von Verdi:
Diese Spaltung nutzt nur einem: Dem Median-Eigentümer Waterland, der seine Rendite auf Kosten der Beschäftigten steigern will. Seit der niederländische Finanzinvestor bei Median fischt, stehen die Zeichen auf Konfrontation. Nicht die Gewerkschafter sind für die beklagte Eskalation verantwortlich, sondern die Methoden der Unternehmens­spitze. Zu diesen gehört nicht nur tricksen und täuschen, sondern auch einschüchtern.

Ist das etwa mit „strukturellen, strategischen und operativen Verbesserungen“ gemeint?

HIER übrigens noch ein lesens­werter Artikel, der sich ebenfalls kritisch mit Waterlands Wirken bei den Median Kliniken auseinandersetzt. Wie es mit Median nun weitergeht, mag man sich fragen. Oben erwähnten wir ja, dass akquirierte Unternehmen nach ein paar Jahren typischerweise weiter­verkauft werden. Und tatsächlich kursieren Gerüchte, über die u. a. das Handelsblatt berichtete (nachzulesen HIER), nach denen es bei Median bald soweit sein könnte.

Was in den nächsten Jahren mit Köttenich geschieht, kann natürlich noch niemand wissen. Uns stimmen die Anzeichen eher pessi­mistisch, jedoch bleibt es abzuwarten, was die Zukunft bringt. Schon jetzt ruft die Bürger­initiative „Am Wingert“ die dürener Bürgerschaft aber zu erhöhter Wachsamkeit und Solidarität mit den Beschäftigten von Köttenich auf. Denn diese Vorgänge, die auch noch in unserer direkten Nachbarschaft passieren, sollten wir alle sehr kritisch und im Sinne sozial gerechter Beschäftigungs­bedingungen begleiten. Dies könnte, im Idealfall, den Pflege­kräften helfen – und damit auch den Gepflegten.