Waterland hat neue Nachbarn

Mit dem Kauf von Gut Köttenich hat Waterland/Schönes Leben nicht nur neue, schöne Pflege­heime bekommen, sondern ganz nebenbei auch neue, schöne Nachbarn – nämlich uns – und das sogar kostenlos, aber hoffentlich nicht umsonst. In diesem Zusammenhang muss sich die Bürger­initiative natürlich die Frage stellen, ob der neue Eigentümer, im Sinne der Anwohner, negative Auswirkungen auf den Standort „Am Wingert” haben könnte. Dies veranlasste uns zu folgendem Schreiben an die im dürener Rat vertretenen Parteien, die Verwaltung und die Lokal­presse, in dem wir alle Seiten mit Nachdruck aufforderten, die den Anwohnern gemachten Versprechen einzuhalten. Hier sein Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren der Dürener Politik und Stadtverwaltung,

wie Sie möglicher­weise bereits erfahren haben, wird die Gut Köttenich Gruppe, mit derzeit 14 Pflege­einrichtungen der größte private Pflege­dienst­anbieter im Kreis Düren, noch vorbehaltlich der Zustimmung der Kartell­behörde, an die „Schönes Leben Gruppe” mit ihrer Tochter „compassio” verkauft. Entgegen der bisherigen öffentlichen Darstellung, es handele sich bei dem Käufer um ein mittel­ständisches Unternehmen, ist „Schönes Leben” vielmehr wiederum eine Portfolio-Tochter der international tätigen, mehrere Milliarden Euro schweren Private-Equity-Investment-Gesellschaft „Waterland” (https://www.waterland.de/de/nachrichten/waterland-verstaerkt-schoenes-leben-mit-gut-koettenich-gruppe/). Waterland ist übrigens von der Art Unternehmen, die Franz Müntefering einst „Heuschrecken­schwärme” genannt hat!

Das Geschäftsmodell Waterlands besteht nach eigenen Aussagen in der Wert­steigerung der erworbenen Unternehmens­teile mit dem Ziel des gewinn­bringenden Weiterverkaufs nach durchschnittlich 3-7 Jahren (https://www.waterland.de/de/ueber-private-equity/). Wie so etwas vonstatten geht, wissen Sie alle: durch das Aufkündigen von Tarif­verträgen, das Erhöhen des Arbeits­drucks und das Outsourcing von Dienst­leistungen. Erst Anfang 2018 sorgte Waterland durch ihre Angriffe auf die Arbeitnehmerrechte bei den 2014 übernommenen Reha Kliniken Median für negative Schlagzeilen, was u. a. sogar zu einem Beitrag im ARD Magazin Plusminus (https://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung-vom-28-03-2018-finanzinvestoren-rehakliniken100.html) und zu massiven Protesten der Arbeitnehmer (https://gesundheit-soziales.verdi.de/tarifbereiche/median/++co++31481dac-de37-11e6-9df4-525400b665de) führte. Dass Waterland seinen Hauptsitz im europäischen Steuer­paradies Niederlande hat, vervollständigt dieses Bild nur (https://projekte.sueddeutsche.de/paradisepapers/politik/so-entstand-die-steueroase-niederlande-e156358/).

Insofern sind die Aussagen Herrn Pöhlers im Zeitungs­bericht der AZ/AN vom 15.11.2018, er sei diesen Schritt aus der „sozialen Verantwortung gegenüber den gut 1200 Beschäftigten” gegangen, nichts weiter als zynisch (https://www.aachener-zeitung.de/lokales/juelich/gut-koettenich-gmbh-aus-juelich-trennt-sich-von-alten-und-pflegeheimen_aid-34514929).

Warum schreiben wir Ihnen dies?

Der Widerstand der Anwohner rund um den Bebauungs­plan der Senioren­wohnanlage Am Wingert ist Ihnen vermutlich noch im Gedächtnis. Die Senioren­wohnanlage in Gürzenich wächst von Tag zu Tag. Inzwischen steht auch das vierte „Staffel-”Geschoss des Hauptgebäudes, gegen das sich die in der Bürgerinitiative „Am Wingert” zusammen­geschlossenen Anwohner bis zum Schluss leider erfolglos zur Wehr gesetzt haben. Ob die Bauweise – wie es sowohl seitens des Vorhaben­trägers als auch seitens des Baudezernats dargestellt und in den Fach­gremien und im Rat schließlich verabschiedet und genehmigt wurde – wirklich „verträglich”, „angemessen” und „passend zur Umfeld­bebauung” ist, darüber müssen sich die Befür­worter aus Ihren Reihen selbst ein Urteil bilden. Für uns Anwohner ist die Antwort darauf jedoch eindeutig.

Nun war es stets ein Argument der Verwaltung und der Politik, dass der künftige Betreiber ein lokaler und damit „greifbarer” und mutmaßlich verantwortungs­voller und auf gute Nachbarschaft bedachter Mittelständler sei. Dieser Punkt wird mit dem Verkauf der Gut Köttenich Gruppe an Waterland ad absurdum geführt. Ein anonymes, strikt auf Profit getrimmtes Groß­unternehmen wird sich voraus­sichtlich noch weniger an Absprachen mit der Stadt gebunden fühlen.

Wir möchten Sie daher sehr ein­dringlich an die in den Erwiderungen zur Öffentlichkeits­beteiligung, denen der Rat am 11.10.2017 explizit zugestimmt hat, und die im weiteren Verlauf gemachten Versprechungen erinnnern und Sie bitten, Sorge dafür zu tragen, dass diese auch eingehalten werden. Dies umfasst vor allem folgende Punkte:

1. Keine Expansion der Anlage auf die benachbarten (Garten-)Grundstücke.

2. Kontrolle der strikten Einhaltung des Durchführungs­vertrags, der auch für die Rechts­nachfolger bindend ist, insbesondere der folgenden Punkte:
– keine zusätzlichen Gewerbe oder Pflege­einheiten als die im Durchführungs­vertrag genehmigten, insbesondere keine außerklinische Intensiv­pflege (AKIP), kein Therapiezentrum, kein Essen auf Rädern; außerdem kein Restaurant- oder Gastronomie­betrieb und Catering. Die Nutzungs­möglichkeit für Nicht-Bewohner bzw. Mitarbeiter der Anlage beschränkt sich auf die Nutzung der Cafeteria. All diese Angebote würden den ohnehin hohen Verkehrs­druck noch weiter verschärfen.
– Die Mindestanzahl der geplanten Parkplätze wird strikt eingehalten und wie zugesagt bei Bedarf durch den Träger erhöht.

Bitte kontrollieren Sie SEHR ZEITNAH, ob die Klauseln aus dem Durchführungs­vertrag wirklich an die Rechts­nachfolger per Vertrag weitergegeben wurden und werden, bevor es zu spät ist! Denn der Verkauf der Wohn­einheiten ist bereits in vollem Gange und der Pacht­vertrag mit Gut Köttenich vermutlich längst unterzeichnet. Wir vermuten, dass es den bisherigen Vertragspartner, die DüGü GmbH, schon sehr bald nicht mehr geben wird, so dass dann niemand mehr in Regress genommen werden könnte.

Skeptisch macht uns auch, dass laut aktuell ausliegender Werbe­broschüre die Wohnanlage für Senioren und Behinderte „Am Wingert” nämlich viele Angebote bewirbt, die laut Durchführungs­vertrag ausgeschlossen bzw. nicht vorgesehen sind. Außerdem berichten Nachbarn, dass nach wie vor versucht werde, die angrenzenden Nachbar­grundstücke aufzukaufen. Und das trotz des formulierten politischen Willens, die Gärten auch zum Zweck der Erholung und Arten­vielfalt beizubehalten. Bitte fühlen Sie sich weiterhin an dieses politische Statement gebunden und lassen Sie keine weitere Verdichtung zu!

Wir wissen, dass wir einige von Ihnen mit unserer zurück­liegenden hart­näckigen Intervention viel Arbeit und Nerven gekostet haben. Doch sollten diese zuletzt gefochtenen Auseinander­setzungen nicht in persönliche Ablehnung münden, sondern in ein gemeinsames, gesamt­gesellschaft­liches Interesse.

Mit freundlichen Grüßen

Initiative Am Wingert