Die Magie der 80

Die Zahl 80 spielt in unserem Leben keine herausragende Rolle. Jesus hatte nur 12 Jünger, die Erschaffung der Welt begnügte sich, genauso wie die Todsünden,  mit 7 Kapiteln, und an jeder Hand wachsen gerade mal 5 Finger – zumindest dem Menschen. Und doch ist die Zahl 80 für die Erbauer von Pflegeheimen eine geradezu magische Zahl geworden, seit das Wohn- und Teilhabegesetz (§ 20 Abs. 2) für neue Betreuungseinrichtungen die Anzahl der maximal erlaubten Pflegeplätze auf 80 begrenzt hat. Vorbei sind sie Zeiten, in denen ein Heim mit 120 Plätzen mehr Profit abwerfen konnte, als eines mit nur 80. Schade für die Investoren und Betreiber, gut für die Senioren, die nicht in großen Pflegefabriken betreut werden wollen. Kleiner ist besser – hat selbst der Gesetzgeber befunden.

Ein schlauer Investor findet aber trotzdem Mittel und Wege, wie er effizient und damit kostensparend Großbauten für mehr als 80 Bewohner in die Welt setzen kann. Des Rätsels Lösung: ein Teil des Gebäudes gehört rein formal gar nicht zum Pflegeheim. Beispielsweise ein separates Geschoss, etwa ein Staffelgeschoss, kann einen anderen Zweck verfolgen. Es können normalen Wohnungen sein, so wie in Gürzenich kurz vor Toresschluss offenbart, aber auch außerklinische Intensivpflege wäre möglich, da sie rechtlich nur eine spezielle Form des Wohnens ist.

Nun müsste dies die Anwohner ja gar nicht interessieren, würde nicht jedes zusätzliche Geschoss das Gebäude erhöhen und jeder zusätzliche Bewohner zur Steigerung des Verkehrsaufkommens beitragen.

Besonders ärgerlich, um nicht zu sagen irreführend, und auch sehr enttäuschend, empfindet es die Bürgerinitiative, dass die Sachzusammenhänge um die 80 maximal möglichen Pflegeplätze von Politik, Verwaltung und Investor nicht in den zahlreichen stattgefundenen Gesprächen aufgeklärt wurden. Statt uns die Information zu geben, dass 80 Plätze das Maximum sind, wurde immer behauptet, dass ein Pflegeheim MINDESTENS 80 Plätze brauche, um wirtschaftlich zu arbeiten. Auch wurden wir bis kurz vor Schluss in dem Glauben gelassen, das komplette Gebäude, Staffelgeschoss inklusive, wäre für diese minimalen 80 Plätze von Nöten.  Das hat uns die Argumentation, man möge den großen Pflegebau verkleinern, natürlich schwierig gemacht. Hätte man die Anwohner von Anfang an mit den richtigen Informationen versorgt, was hätte nicht alles passieren können? Immerhin haben wir es noch vor Beginn der offenen Bürgerbeteiligung gemerkt, also nicht zu spät – sollte man zumindest meinen. Dass die Bürger in der Offenlagephase nichts mehr substantiellen ändern können, mussten wir leider erfahren.

Aber warum sich beschweren? Es heißt doch so schön: „an der Börse wird nicht geklingelt“. Schade nur, dass die Belange der Bürger wie auf dem Aktienmarkt gehandelt werden: der Profi-Manager mit Insider-Informationen schlägt eben den kleinen Anleger, ist doch klar.